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Serie Gesunderhaltung: Kein Zuckerschlecken
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Nicht Eiweiß, sondern eine bestimmte Form von Zucker löst beim Pferd Hufrehe aus. Da heißt es rechtzeitig vorbeugen. Die Reduzierung von Kraftfutter aber auch der Blick aufs Wetter helfen, Reheschübe zu vermeiden.

Der Landwirt Reinhard Hitzler* (*Name geändert) meinte es vor einigen Jahren mit seinem leicht übergewichtigen Hafl inger etwas zu gut. Weil seinen Charolais-Rindern die neu eingesäte Grasmischung auf seiner Wiese immer besonders gut bekommen war, deckte er das Pferd ebenfalls reichlich mit Schnittgut von dieser Wiese ein. Am nächsten Tag fand er den Hafl inger mit ausgestreckten Vorderbeinen und gequältem Blick im Stall vor seinem Auslauf wieder. Der Tierarzt sagte ihm damals, was bis heute noch landläufi g als Verursacher von Hufrehe gilt: „Es war zu viel Eiweiß im satten Gras. Pferde bekommen davon eine Eiweißvergiftung, die Hufrehe zur Folge hat“.



Mittlerweile gilt diese These als veraltet. Nicht das Eiweiß, sondern ein Überschuss an Zucker oder auch unverdaulicher Zucker, löse in solch einem Fall einen Reheschub aus, sagt Dr. Christian Bingold von der Pferdeklinik Großostheim. Nicht-Medizinern gegenüber spricht er daher oft von einer „Zucker-Vergiftung“, um klar zu machen, was dabei im Pferd passiert.

Kurz gesagt ist Hufrehe eine Erkrankung der Verbindungsschicht zwischen Hornkapsel und Hufbein, also des Hufbeinträgers. „Der Hufbeinträger besteht aus einer riesigen Anzahl von Lamellen, die vergleichbar einem Klettverschluss in einander greifen und somit eine äußerst belastbare aber dennoch dynamische Verbindung zwischen Hornkapsel und Hufbein ermöglichen“, sagt Dr. Bingold.

Bei einer Hufrehe löst sich diese Verbindung. Das Hufbein hat keinen festen Halt mehr und beginnt sich durch den Zug der tiefen Beugesehne im Huf zu drehen. Wenn dies passiert spricht man von einer „Hufbeinrotation“. Ebenso kann es zu einer Absenkung des Hufbeins nach unten kommen. Durch beide Prozesse entstehen im Huf äußerst schmerzhafte Quetschungen und Blutungen. Äußerlich sieht man das noch nach Jahren an der deutlichen Verbreiterung der weißen Linie.

Nicht immer müssen wie im eingangs geschilderten Fall bestimmte Zuckerverbindungen im Futter einen Reheanfall auslösen. Ebenso häufi g entsteht das Krankheitsbild durch Stoffwechselerkrankungen und etwas seltener durch Überbelastung oder das Verhalten der Nachgeburt bei einer fohlenden Stute.

Eines haben aber alle Auslöser gemein: Es erwischt dabei den Hufbeinträger oder genauer die Gefäßversorgung des Hufbeinträgers. Was dabei im Detail passiert kann die Wissenschaft bis heute nicht endgültig sagen. Dr. Bingold nimmt an, dass die Hufe aufgrund ihres komplizierten Gefäßsystems, der starken Durchblutung und der enormen mechanischen Belastung ein für Störungen besonders anfälliges Konstrukt sind.

Der Fachtierarzt für Pferde nennt als Hauptauslöser zwei Stoffwechselkrankheiten, die einen Hufreheschub begünstigen: Das metabolische Syndrom des Pferdes (EMS) und Cushing. Beim metabolischen Syndrom handelt es sich um eine Zivilisationskrankheit, die beim Menschen einen Herzinfarkt und beim Pferd Hufrehe auslösen kann. „Das Kernmerkmal der Krankheit ist Übergewicht, das mit einer abnormen Fettspeicherung einhergeht. Beim Pferd sind es spezielle Depots am Nacken, an der Schulter und in der Kruppengegend sowie am Präputium“, weiß Dr. Bingold.

Aufgrund der Überernährung betroffener Pferde kommt es in deren Körper zu einer Insulinresistenz. Das heißt, der Körper reagiert nicht mehr auf das Hormon Insulin, das eigentlich dazu da wäre, einen erhöhten Blutzuckerspiegel abzubauen. So bleibt beim metabolischen Syndrom der Zucker im Blut dauerhaft erhöht, was zu Schäden an den Blutgefäßen führt. Nun bedarf es nur noch eines kleinen Auslösers wie Stress oder Fehler in der Fütterung und schon bricht die Hufrehe aus.

Ähnlich verhält es sich beim Cushing. Hier löst jedoch nicht eine Überfütterung die Verfettung und Insulinresistenz aus, sondern eine Erkrankung der Hirnanhangdrüse. Cushing trifft vor allem ältere Pferde ab 18 Jahren. Sie zeichnen sich besonders – auch im Hochsommer – durch ein dauerhaftes Winterfell aus. Diese Tiere sind ebenso anfällig für Hufrehe.

Gefährdet sind auch manche hochtragende und fohlende Stuten. Denn ihre Körper neigen durch die Trächtigkeit ebenfalls zur Insulinresistenz. Dr. Bingold empfi ehlt jedoch dringend, hier nicht in Panik zu verfallen, da der Mensch ohnehin nicht viel tun kann, außer auf korrekte Fütterung und Hygiene zu achten.

Bei der Belastungsrehe wird durch ständiges Stehen, beispielsweise nach einer Fraktur, bei der das kranke Bein dauerhaft nicht belastet werden kann, das andere Bein ununterbrochen belastet. Dadurch kann das Pferd nicht mehr wie gewohnt alle Hufe be- und entlasten und es wird weniger Blut durch die Gefäße gepumpt. „So kommt es zur Unterversorgung der Hufl ederhaut und der Hufbeinträger löst sich“, erklärt Dr. Bingold.

Die meisten Reheschübe werden jedoch nach wie vor durch bestimmte Kohlenhydrate, also Zuckerverbindungen, hervorgerufen. Es gibt einfache Zucker (Glucose, Fructose, Saccharose), die vom Pferd leicht im Dünndarm verdaut werden können. Aber es gibt auch schwer verdauliche Zucker. Manche davon machen dem Pferd nichts aus, denn in seinem Dickdarm leben spezielle Bakterienkulturen, die die Rohfaser zerlegen. Problematisch wird es nur bei den Fructanen, einer bestimmten Gruppe von Zuckern. Diese nämlich können vom Pferd überhaupt nicht aufgeschlossen werden und landen also im Dickdarm. Dort kommt es zu einer Umschichtung der Mikroorganismen und deren Massensterben. Die toten Bakterien „verseuchen“ den Blutkreislauf des Pferdes. Das schädigt wieder die Blutgefäße und führt zu Hufrehe.

Ergo: Jedes Pferd sollte möglichst wenig Fructane zu sich nehmen. Doch wie kann der Besitzer darauf einwirken? Um zu erkennen, welches Gras welchen Fructangehalt hat, muss man zunächst verstehen, was Fructane eigentlich sind. Scheint am Himmel die Sonne, so nutzt die Pfl anze deren Licht um entweder zu wachsen oder die Energie in Form von Fructanen zu speichern. Ist der Tag nicht nur sonnig sondern auch warm und feucht, so setzt die Pfl anze all die Sonnenenergie sofort in Wachstum um und es wird kaum Fructan eingelagert. Ist es allerdings sonnig und kühl, so wächst die Pfl anze nicht, sondern speichert die Energie als überschüssigen Zucker in Form von Fructanen. An solchen Tagen ist die Hufrehe-Gefahr am höchsten. Dann sollten Pferde nicht oder zu einem anderen Zeitpunkt auf die Weide.

Dazu kommt, dass nicht jede Grasart gleich viel Fructan einlagert. Als besonders umstritten gilt das Deutsche Weidelgras, das in nahezu jeder Saatmischung enthalten ist. Manfred Sommer von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen würde auf dieses Gras trotzdem nicht verzichten, denn: „Es trägt wesentlich zur Entwicklung einer dichten Grasnarbe mit hoher Tritt- und Verbissfestigkeit bei und sollte deshalb in keinem Grünlandbestand fehlen. Allerdings können hohe Anteile Deutschen Weidelgrases im Bestand unter den genannten Bedingungen zu vorübergehend hohen Fructangehalten führen.“

Und gerade deshalb ist es wichtig, den Weidegang der Pferde zu kontrollieren. Die Tabelle (s.u.) von Dr. Bingold gibt Anhaltspunkte, wann Rehegefahr besteht und wann nicht. Die zum Zeitpunkt des Mähens bestehende Menge an Fructanen im Gras erhält sich auch im Heu und in der Silage. Da Fructane jedoch auswaschbar sind, können gefährdete Bestände bei besonders anfälligen Pferden trotzdem verfüttert werden, wenn das Heu bzw. die Silage vorher in Wasser eingeweicht wurde. Wer sich über den Fructangehalt in seinem Raufutter nicht im Klaren ist, kann ihn seit kurzem bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen bzw. AG FUKO testen lassen. Durch die so genannte Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) kann mittels Infrarot-Bestrahlung der Fructangehalt in Frischgras, Heu und Silage ermittelt werden.

„Bei Graskonserven, also Heu und Silage, fi nden kaum Schwankungen des Fructangehalts mehr statt, so dass hier, eine repräsentative Probenahme vorausgesetzt, die Ergebnisse sehr einfach in der Fütterung berücksichtigt werden können“, sagt Manfred Sommer. Etwas komplizierter ist der Test bei Frischgras, da der im Moment der Probeentnahme gemessene Wert unter Umständen zwei Stunden später wesentlich höher oder niedriger liegt. „Wir gehen deshalb davon aus, dass diese Untersuchung nur ausnahmsweise bei bestehenden Problemen durchgeführt wird“, so Sommer.

Der Test kostet pro eingeschickte Probe 35 Euro. Zusätzlich können auf Wunsch auch hygienische Beschaffenheit, Gärqualität, Nitrat-, und Mineralstoffgehalte untersucht werden. Die entsprechenden Formulare gibt es im Internet unter www.lwk-niedersachsen.de.

Was die Fütterung rehegefährdeter Pferde mittels Kraftfutter angeht, rät Dr. Bingold, den Erhaltungsbedarf der Tiere zu berechnen, und das Futter entsprechend anzupassen. In den meisten Fällen bedeutet das, dass die Pferde abspecken müssen. Viele brauchen überhaupt kein Kraftfutter. „Zur wirklich exakten Bestimmung des Bedarfs braucht man eine Fütterungssoftware oder den entsprechenden Fachmann“, sagt Dr. Bingold. Als Faustregel könne jedoch gelten: Rohfaserreich und kalorienarm füttern. Heu, Stroh und unmelassierte Zuckerrübenschnitzel in Verbindung mit einem Mineralfutter eignen sich daher bestens als Futter für Rehe-Patienten. Gelegentlich dürfen Karotten, Äpfel und Weidegras und Spezialfutter mit einem geringen Energiegehalt bzw. glykämischen Index auf den Speiseplan. Absolut verboten sind Getreide (Hafer, Gerste, Mais ...), Weizenkleie, pellettiertes Kraftfutter, Müsli, Melasse, fetthaltige Futtermittel und Luzerneheu.

Bei längerem Weidegang empfi ehlt Dr. Bingold das Anbringen einer Fressbremse, also eines Weidemaulkorbs. Es versteht sich von selbst, dass alle Pferde im Frühjahr langsam angeweidet werden müssen, um neben Durchfall und Koliken auch Reheschübe zu vermeiden. Ausführliche Infos zum Nachlesen gibt es auf www.EquiVetInfo.de.

Witterungsgeschehen/Pfl anzenwachstum/ Auswirkungen auf das Pferd



Sehr hohe Rehegefahr
Kaltes Wetter oder Nachtfrost: Sehr hohe Energieproduktion und massive Speicherung von Fructan, da kein entsprechendes Wachsum

Abnehmende Rehegefahr
Warmes Wetter, bedeckt und genügend Feuchtigkeit: Wenig Energieproduktion, aber Wachstum und Abbau der Fructanspeicher

Geringe Rehegefahr
Bedeckter Himmel: Wenig Energieproduktion

Welche Grasarten sollte man bei einer Neuansaat verwenden?

Manfred Sommer: Am Anfang einer Neuansaat sollte immer eine Standortanalyse stehen. Ferner spielen die geplante Nutzungsart, die Nutzungsintensität und die Tierart, die die Aufwüchse nutzen soll, neben weiteren Faktoren eine Rolle. Auf der Grundlage dieser Überlegungen kann ein Grünlandberater eine optimale Zusammensetzung der Gräserund Leguminosenarten ermitteln. Im Zusammenhang mit der Hufreheproblematik spielt die Sortenwahl eine untergeordnete Rolle. Deshalb können wirklich relevante Effekte über die Wahl der Gräserarten erzielt werden. Die Reihe der Gräserarten mit abnehmenden Zuckergehalten lautet: Welsches Weidelgras, Deutsches Weidelgras, Wiesenrispe, Wiesenschwingel, Knaulgras, Rotschwingel, Wiesenlieschgras, Wiesenfuchsschwanz etc.

Um gezielt Grünlandaufwüchse – und damit Weide- und Winterfutter – mit niedrigen Fructangehalten zu erzeugen, sollten in der Ansaatmischung die Gräserarten, die hohe Zuckergehalte aufweisen, in einem möglichst geringen Anteil enthalten sein. Eine Ansaatmischung, die sich gut für fructanarme Pferdeweiden eignet, ist die Standardmischung G I mit Anteilen von 10 % Deutschem Weidelgras, 47 % Wiesenschwingel, 17 % Wiesenlieschgras, 10 % Wisenrispe, 10 % Rotschwingel und 6 % Weißklee. Diese wiesenschwingelbetonte Ansaatmischung zeichnet sich tendenziell durch geringe Fructankonzentrationen aus und eignet sich für Weide- und Schnittnutzung. Da Wiesenschwingel wenig trittverträglich ist, sollte Weidegang nur im Wechsel mit extensiver Schnittnutzung, vorzugsweise zur ersten Nutzung, erfolgen


 



Quelle:
REGINA KÄSMAYR für westernreiter (EWU)


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z.B. Petra Roth-Leckebusch für den Bereich Zucht.
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